‚Geboren am 13. August‘ von Jens Bisky

Geboren in einer Familie sozialistischer Bürgerlichkeit, Kulturbürgerlichkeit nach Leipziger Art. Nach Art der alten Messe- und Bücherstadt in gründerzeitlichen Altstadtvillen im Schatten der Karl-Marx-Universität. Was für eine Kindheit! Später dann hieß es Umzug. Umzug in die Hauptstadt der Republik. Umzug nach Ost-Berlin in eine Vorzeigewohnung über den Dächern von Marzahn. Sozialistische Provinz mit Jungenderfahrungen im Umbruch und einer Familie, die im Plan lebt. Die nach Plan lebt. Drei Söhne, später zwei, eine Mutter und ein Vater noch außerhalb der Politik in ihrem Leben in der Deutschen Demokratischen Republik. Das Leben eines Kindes, Jugendlichen und jungen Mannes, der für den Frieden agitiert und im Rundfunk den Klassenkampf bestreitet. Der in Ost-Berliner Schwulenbars Männer trifft, Freundschaften aufbaut und Liebschaften lebt, zur Asche muss und Asche frisst. Denn: Das Leben in der DDR war – sagen wir – herausfordernd für junge Männer wie den Ich-Erzähler und Autor Jens Bisky.

‚Geboren am 13. August‘ ist die Jugendbiografie des jungen Bisky in einer Familie, die prominent und besonders ist. Sein Vater, Lothar Bisky, macht Karriere als Rektor der renommierten Filmhochschule „Konrad Wolf“ in Babelsberg. Seine Mutter als Werktätige in anderen Organisationen. Bisky selbst lebt das Musterleben eines Musterjungen einerseits. Andererseits sitzt er am 9. November im Kino International zur Premiere des herausragenden Films „Coming out“ mit seinem Freund und Lebensgefährten.

Bereits 2004 schrieb Bisky die 253 Seiten über sein Leben in der DDR und wie es weiterging. Mit viel Ironie und ausgewählten Geschichten skizziert der Autor eine Welt – auch eine literarische – die unverfälschter ist als viele DDR-Post-Wende-Romane der 10er Jahre. ‚Geboren am 13. August‘ ist nicht nur zeitlich näher dran, sondern wahnsinnig persönlich und ermöglicht zugleich Blicke und Einblicke in eine DDR, die selbst vom Hörensagen nur wenige kennen. ‚Geboren am 13. August‘ sind Geschichten der Zeitgeschichte ergreifend erzählt mit Augenzwinkern. Geschrieben vom Sohn einer Familie, die ähnlich der Familie Brasch und doch ziemlich anders ist. Einem Sohn jedenfalls, der Dinge zu erzählen hatte und zu erzählen hat, bevor auch andere meinten, ihre Sicht zur Schau zu stellen. Mein Fazit: Wenn nicht bereits geschehen, unbedingt lesen.

  • Gelesen im März 2015
  • Eine ausgezeichnete Empfehlung von Arne in bierseliger Runde mit dem Autor.

3 Antworten auf „‚Geboren am 13. August‘ von Jens Bisky

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