Drei Jahrhunderte, drei Geschichten und im Mittelpunkt die Letzten ihrer Art. Es ist die Geschichte von meinem Namensvetter und seiner Expedition in die Mongolei. Zu einer Zeit, als Expeditionen abenteuerlich waren. Abenteuerlich, entbehrungsreich und in gewisser Weise selbstlos. Selbstlos, weil einem Zweck, einer Sache unterworfen. Es ist die Geschichte der Tierärztin Karin, die ihrerseits die weite Graswüste 110 Jahre später ihr Zuhause nennt. Es ist die Geschichte von Eva im norwegischen Heiane im Jahre 2064. Als das Wetter keine Kapriolen mehr schlägt, sondern einfach beschissen ist und beschissen bleibt und beschissen bleiben wird.
Drei Jahrhunderte, drei Geschichten und im Mittelpunkt die Letzten ihrer Art. Ich hatte Vorbehalte gegenüber Maja Lunde. Ich dachte, 631 Seiten und die Handlung auf Pferde beschränkt? Unsicher war ich und im Nachhinein bin ich froh. Denn mein Entschluss, ‚Die Letzten ihrer Art‘ zu lesen, bedeutete Vergnügen, Innehalten, Lachen und Nachdenken gleichermaßen. Oft fühlte ich mich an „Die Wand“ und „Die Mauer“ erinnert. Und um in der Reihe zu bleiben: ‚Die Letzten ihrer Art‘ oder doch Der Zaun mit offenem Gatter?
Maja Lunde blieb sich treu. Drei Jahrhunderte, drei Handlungsstränge, die wiederum ähnlich konstruiert sind und ähnliche Fragen aufwerfen: Die Elternrolle in herausfordernden Zeiten. Starke Mütter, schwache Kinder? Welche Rolle hat der Mensch? Welche Rolle gesteht er sich zu und steht ihm zu? Im Leben, der Natur, unserer Umwelt – auch der menschlichen? Teilweise lässt die Autorin ihre Protagonisten antworten. Teilweise sind wir als Leserinnen und Leser selbst aufgefordert, Antwort zu geben. Verantwortungsethik versus Gesinnungsethik und zwar in einer ausgezeichneten Übersetzung, wofür Ursel Allenstein großen Dank verdient.
Mit ‚Die Letzten ihrer Art‘ vollendet Maja Lunde ihre Trilogie über die Natur, über uns und unseren Umgang mit dieser einen Welt. Dies gelingt ihr ausgesprochen gut. Bereits nach wenigen Seiten fiel es mir schwer, den Roman überhaupt zur Seite zu legen. Mein Fazit also: Besser über das Wetter sprechen, als sich um Kopf und Kragen zu reden! Ein großartiger Roman für Pferdefreunde und Naturmenschen und für uns alle. Wie der obligatorische Familienbesuch zu Weihnachten. Denn im Konjunktiv II kann man nicht leben. Im Konjunktiv II kann man nur große Reden halten.
- Gelesen im Dezember 2019
- Recht herzlich danke ich dem btb Verlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.
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