Liebe Leser:innen,
ich möchte euch auf eine Reise in das entfernte Land Berlin-Mitte entführen. Genauer gesagt in die Mitte von Mitte. Durch die Mitte von Mitte verläuft eine Straße, die Torstraße nämlich. Und stellt euch vor, euer Leben sähe ganz anders aus. Ohne Katze und ohne Vorgarten, ohne Kinder und ohne Carport, aber dafür mit einem wunderschönen Erkerzimmer nach Süden ausgerichtet, in dem eine große Tischtennisplatte steht. Ein Habitat für die bedrohte Spezies der Wollmäuse.
Euer Alltag ist zudem wohlstrukturiert. Viele SCHÖNE Dinge geben eine Struktur, wie sie ihresgleichen sucht. Eure Tage beginnen meist SEHR FRÜH, sagen wir gegen 13.00 Uhr. Ihr ernährt euch AUSGEWOGEN von Toffifee und Milchschnitten. Ihr arbeitet lang und hart und kennt dadurch natürlich Hinz und Kunz. Hinz und Kunz sind zugleich eure GUTEN Freunde. Allesamt hilfsbereit, wenn es darum geht, euer Leben NOCH SCHÖNER zu machen. Wie genau ein NOCH SCHÖNERES LEBEN konkret aussehen kann, weiß Rafael Horzon in seinem neuen Buch ‚Das neue Buch‘ auf 298 Seiten sehr genau zu berichten.
‚Das neue Buch‘ ist das zweite Buch eines nobelpreisverdächtigen Großmeisters – so der Autor -, der bereits mit seinem ersten Buch ‚Das weiße Buch‘ vielen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. ‚Das neue Buch‘ handelt vom geradezu EGON-OHLSEN-haften Plan, ein neues Buch zu schreiben. Zum großen Bedauern des Protagonistens Rafael Horzon hat derselbe zwar die feste Absicht, eben dieses Buch, ‚Das neue Buch‘ zu schreiben, weiß aber keinesweg, WORÜBER. Der Inhalt seines zweiten Buches bleibt Horzon sehr lang völlig unklar.
Sein guter Freund Mollenkott gibt ihm schließlich den guten Hinweis, über Sex zu schreiben. Genauer gesagt: Er möge über seine großen ABENTEUER schreiben in einer Form, die die alten Herren* des Nobelpreiskomitees ins SCHWITZEN versetzt. Aber auch die Wege großer Großmeister aus der Torstraße sind nicht schlaglochfrei und ohne Umwege. Große Abenteuer hatte Horzon keine in den letzten zehn Jahren – Pardon, 8 dreiviertel. Dafür plagen Horzon Geldsorgen. Also was tun? 472 Folgen der intellektuell ANSPRUCHSVOLLEN Dokumentarserie SpongeBog Schwammkopf dienen dem guten Horzon als Inspiration und guten Eskapismus. Bis sein guter Freund Mollenkott erneut auf den Plan tritt und Horzons Leben wieder ein wenig bunter wird.
WAS WILL ICH HIER eigentlich schreiben? Ich weiß es nicht. Es geht mir wie Horzon. Das Leben in diesem fremden Land Berlin-Mitte ist keineswegs trivail. Man darf das alles nicht unterschätzen. Umso schöner ist auf der anderen Seite die Tatsache, dass ‚Das neue Buch‘ wirklich LUSTIGE und GELUNGENE Unterhaltungslektüre ist, die gerne GROßER NONSENS im literarischen Rang des Philosophen Loriot sein möchte. Mein Fazit: Wer Humor und Sinn für Humor besitzt, wird mit Rafael Horzons zweitem Buch ‚Das neue Buch‘ schon Freude haben. Für alle, die das Streiflicht der Süddeutschen Zeitung schon als harten Tobak empfinden, empfehle ich, zum Lachen in den Keller zu gehen.
- Gelesen im Januar 2021
- Aufmerksam geworden durch die Hörbar Rust vom 18. Oktober 2020, ermutigt zur Lektüre durch eine geschätzte Kollegin und zufällig wiederentdeckt in der Buchhandlung Geistesblüten, Walter-Benjamin-Platz 2 im GUTEN Charlottenburg.
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