‚Der amerikanische Sohn‘ von Bernd Cailloux

New York, Sommer ´72. New York, Winter ´84. New York, irgendwann im Sommer der späten 10er Jahre. ‚Der amerikanische Sohn‘ ist ein Roman über den deutschen Vater. Einen Vater, der sehr viel über sich, seine Reisen, und sein Leben berichtet und wenig über den Rest. Das ist nicht nur schade, sondern arg bedauerlicher. Denn der Roman hält nicht, was Titel und Klappentext versprechen. Thema verfehlt.

Bernd Cailloux schreibt im dritten Teil seiner autobiografischen Reihe über die wilden 70er und seine Rolle in dieser Zeit sowie danach. Das ist okay und nett zu lesen. Anekdoten aus dem Leben eines alten Mannes. Doch wo bleibt die Geschichte? Was Cailloux auf 223 Seiten gut recherchiert zu Papier bringt, ist der Blick in die Vergangenheit und zwar die eigene. ‚Der amerikanische Sohn‘ sind Episoden und Erinnerungssprenkel, teilweise amüsant mit Witz und Ironie. Doch wo bleibt die Geschichte des verschollenen Sohns? Weniger ist mehr? Nicht in diesem Fall.

Wer einen Reiseführer über das alte New York in aktuellem Gewand lesen möchte, ist bei diesem Buch an der richtigen Stelle. Wer hingegen einen Vater-Sohn-Roman mit Esprit erwartet, wird enttäuscht. Kein Road Trip durch die Staaten, sondern schöne Aussichten auf das Gewühl Manhattans. Gleichzeitig werden die Nebenstränge mit Potenzial nicht konsequent erzählt, geschweige denn dramaturgisch klug verwoben. Sie werden gar nicht verwoben. Ein monochromer, einfältiger Bericht.

Eine Freude hingegen ist Cailloux‘ Sprache. Versiert bewegt sich der Autor durch Häuserschluchten, U-Bahnschächte, Bars und Galerien verschiedener Jahrzehnte. Eine sprachliche Freude, die mich dennoch zu keiner positiven Kritik hinreißen lässt.

  • Gelesen im September 2020
  • Zufallsfund aus der Buchkantine, Dortmunder Straße 1 in Moabit.

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