Mit der Physik verhält es sich wie mit dem Theater: Hat man eine gute Sicht, lässt sich manches einfacher erkennen, einfacher nachvollziehen. Im besten Fall behält man den Überblick, wenn Dark Matter vom Nobelpreis schwadroniert und Papa Einstein für eine ziemlich hohle Nuss hält. Viel chilliger hingegen versteht Dark Energy so krassen Shit wie das Weltall für Jedermann* simpel auszuchecken. Mit Youtube Channel und TED Talk gegen irgendwas und die Welt.
Dunkle Materie gegen dunkle Energie – zwei Seiten derselben Medaille. Und wozu das Wochenende auf dem Land? Auf dem Land? Wo? In der Uckermark. Immanuel (Dimitrij Schaad) und Mathias (Jonas Dassler) – Dark Matter und Dark Energie – Nobelpreis und Youtube – fahren 20 Minuten mit dem Auto durch die Nacht ohne Gegenverkehr. Woooow! So ist Spandau. So ist die Uckermark. Verkehr ist dabei Stichwort und Drama zugleich. Beide Männer reisen zur Familienfeier in Begleitung ihrer Frauen. Die eine desillusioniert, während Magda nach ihrem Suizidversuch viele Wochen zurück auf Los musste. Oder durfte. Die Ausgangssituation verspricht jedenfalls eine Menge. Eine Menge abgedrehten Spaß, dessen Versprechen schwer zu halten ist.
Bestellt man Theaterkarten, weiß man nie, wann der erste Blick auf die Uhr das erste, vielleicht wichtigste Urteil fällt. ‚A Walk on the Dark Side‘ hat sich in diesem Ranking mit 90 von 120 Minuten wahnsinnig tapfer geschlagen. Am Ende landet Yael Ronen mit ihrem Ritt durch die uckermärkische Familiengalaxie leider nur im Mittelfeld. Die Charaktere sind gut konturiert. Ihre Aufstellung und Anlage zu Beginn des Stücks eine Wucht. Doch die Wucht verpufft, sobald Fäden zerfasern und Anspielungen nicht vor- und noch weniger nachbereitet werden. Referenzen stehen stumm im Wald, die vor lauter Bäumen nur Nadeln verlieren.
Ronens Arbeit versucht ein Familienstück, was solide gut gespielt und auch ganz lustig ist, aber getrost mit der Hälfte an Zeit und Volumen viel gewonnen hätte. Gegen seinen Bruder hält sich Jonas Dassler als kleines Genie und naiver Held des Abends wahrlich tapfer, der gefühlt am Ende obsiegt. Mein Fazit: Wer Originale schätzt, mag selten reformierte Kopien. Ist das Original richtig gut, können zwar gut gemeinte Duplikate prima unterhalten, aber selten überzeugen.
- Gesehen am 31. Januar 2020
- Und hier die Stimme der Nachtkritik.
P.S. Aus Gründen wird der böse, dritte Bruder von mir guten Gewissens schlicht unterschlagen. BAM!