Achtung, Theater! – ‚Reden über Sex‘ an der Schaubühne

Themen gibt es viele, weshalb sich Menschen in Gesprächskreisen zusammenfinden. Das hiesige Diskurslabor befasst sich mit der Sexualität im Allgemeinen und im Speziellen. Da gibt es Marie, die eine prägende Hochzeitsnacht erlebte. Bernd mit Ende 50, dessen Libido aufgrund seines Engagements für seine pflegebedürftige Mutter zum Erliegen kommt. Britta, deren Kollege sie für einen besonderen Fetisch auserkor. Pascal, der als Katholik ein ganz besonderes Verhältnis zum Sex vor der Ehe pflegt. Kevin, dem ein erfülltes Sexualleben kein großes Bedürfnis zu sein scheint. Und Fedora als Femme fatale, die ganz gerne ihre Abendteuer mit ihren Mitmenschen teilt.

Ein Abend in Berlin, sechs Personen auf Yogamatten und im Mittelpunkt der rosa Elefant, der reichlich thematisiert wird. Es sind Geschichten, von denen manche das Leben schreibt und manche, die die Autorin Maja Zade für einen runden Spannungsbogen bemühen musste. Bemühen ist im Übrigen das treffende Stichwort für ‚Reden über Sex‘ an der Schaubühne am Lehniner Platz. Die 120-minütige Arbeit macht irgendwie Spaß, ist stellenweise sogar amüsant mit lustigen Pointen und Charakteren, die kantig und sogar sympathisch sind. Doch letztlich fragt man sich: Wozu? Um sich über Mikropenisse auszutauschen?

‚Reden über Sex‘ von Marius von Mayenburg ist eine Arbeit, die sich als Angebot tarnt und doch Selbstzweck ohne Aussage bleibt. Soll Intimität und Verlangen thematisiert werden, überlagert Letzteres mit Effekthascherei das eigentliche Anliegen. Anders formuliert, ist ‚Reden über Sex‘ wie Dr. Sommer für Erwachsene. Das ist wenig. Das karge Bühnenbild von Jan Pappelbaum, bestehend aus rückwärtigen Theaterstellwänden, passt sich hingegen wunderbar in das Gesamtsujet ein – ohne abzulenken. Für Ablenkung sorgt stattdessen das Ensemble und trägt durch den ansonsten recht profanen Abend. Es ist wundervoll, dass sich die Schaubühne die Zeit für Debatten über Sexualität genommen hat. Einen Mehrwert oder gar eine Aussage für Menschen jenseits des Teenager-Alters suchte ich vergebens.

  • Gesehen am 8. Mai 2022
  • Und hier die Stimme der Nachtkritik.

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