‚Wie es Eurer Majestät beliebt‘, sagte Sir Kevin, als ihm freundlich bedeutet wurde, das Gespräch sei beendet. ‚Schließlich habe man Verpflichtungen‘, so die Queen zu ihrem Mann später, als dieser erneut fragte, was sie wiederholt treibe zur Essenszeit. Man liest!
Die Hunde bellten und bellten, als Mr. Hutchings den Bücherbus der Bezirksbibliothek der City of Westminster in den Hof steuerte. Lediglich Norman, Küchengehilfe und Lesefreund, betrat den Bus, als die Queen ihre Hunde straff an die Leine nahm und zur Ruhe aufforderte. Gleichzeitig schrieben ihr die gute Sitte, die Pflicht und was auch immer vor – sie war schließlich die Queen – dem Bus einen Besuch abzustatten und – natürlich auch – ein Buch zu entleihen. ‚Welches empfehlen Sie, Mr. Hutchings?‘ Da war es geschehen.
„‘Man verstehe ja‘, sagte er, ‚dass Eure Majestät sich die Zeit vertreiben wollen.‚ ‚Die Zeit vertreiben?‘, fragte die Queen. ‚Bücher sind kein Zeitvertreib. Sie handeln von anderen Leben. Anderen Welten. Man will sich ganz und gar nicht die Zeit vertreiben, Sir Kevin, man wünscht sich im Gegenteil mehr davon. Wenn man sich die Zeit vertreiben wollte, könnte man nach Neuseeland reisen.‘“ (S. 29).
Mit dieser Rezension möchte ich mich auf die goldene Regel zurückbesinnen: In der Kürze liegt die Würze. Alan Bennetts ‚Die souveräne Leserin‘ sind 115 Seiten herzallerliebste Abwechslung im Strudel rasanter Zeiten. Bennett hat nicht nur die Queen – und zwar die einzig wahre – zur Heldin seines Buches gemacht. Die Literatur wird treue Begleiterin ihrer Majestät und steht derweil selbst im Zentrum der Handlung. Ob bei ermüdenden Gesprächen mit ihrem ersten Minister, ob auf langen Reisen durch die Provinzen des UK. Eines hilft immer: Lesen!
‚Die souveräne Leserin‘ ist so humorvoll wie klug und gewährt Einblicke in die steife, wenig berauschende Welt hinter den Mauern von Windsor und Buckingham. Bennetts Sprache ist ein eindrucksvolles und komplexes Spiegelbild des höfischen Lebens, was passagenweise recht ermüdet. Sehr erfreulich sind die geistige Präzision der Protagonistin und die innere Haltung sowohl des Autors als auch einer Queen, die geneigt ist zur Analyse und Reflexion. Mein Fazit also: Zwei Stunden großes Leseglück sind nicht zu viel versprochen.
- Gelesen im März 2021
- Ein glücklicher Zufallsfund aus der Buchkantine, Dortmunder Straße 1 in Moabit.
Ich liebe Alan Bennett und seine Geschichten. Bisher habe ich mich immer „intelligent amüsiert“!
Herzlichen Gruß
Andreas
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Das habe ich mir doch gleich bestellt :-9 Toller Tipp, danke!
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